Wie?
Essen muss immer eine Pause sein. Ich muss mir Zeit nehmen. Wir brauchen eine Rekultivierung des Essens. Es ist ein Mythos, dass derjenige der gestresst ist, auch viel leistet. Eine Kultur der Erholung, Pausen und gute Ernährung sind wichtig für die Leistungsfähigkeit. Esskultur ist auch eine Pausenkultur. Sonst kann der Körper nicht verdauen. Es ist wichtig, die Arbeit zu unterbrechen. Kein Handy, kein TV. Essen als soziales Ereignis. Wer Pausen macht, arbeitet besser.
Weniger Geld für Lebensmittel: "Deutsche haben andere Schwerpunkte"
Viele Menschen, die schwer körperlich arbeiten, glauben, viel Fleisch zu brauchen.
Es ist ein Mythos, dass Fleisch kräftig macht. Es gibt zahllose fleischlose Produkte, die genauso kräftigen.
Welche?
Nüsse zum Beispiel. Sie sind auch für den Kopf ganz toll.
Die Deutschen geben weniger Geld für Lebensmittel aus als ihre europäischen Nachbarn. Warum ist das so?
Deutsche haben andere Schwerpunkte. Die Franzosen drücken es so aus: Die Deutschen fahren mit einem teuren Auto zu einem billigen Restaurant. Die Franzosen fahren mit einem billigen Auto zu einem teuren Restaurant.
Und wieso ist das so?
Es gibt eine historische Erklärung. In Italien und Frankreich wurde das Essen schon vor Jahrhunderten kultiviert, während die Deutschen eher für einfache Küche bekannt waren. Das findet sich auch in der Literatur wieder: In Goethes Roman, die Leiden des jungen Werther, verliebt sich Werther in Lotte, als sie Brot schneidet. Das wäre in einem französischen Roman undenkbar.
"Der Klimawandel wird das ökologische Bewusstsein verstärken"
Muss es Bio sein, wenn man sich gesund ernähren will?
Von den empirischen Befunden ist es nicht gesünder, aber die Produktionsmethoden sind in der Regel besser und fairer. Es ist mehr eine Frage der Ethik und teilweise auch des Geschmacks. Aber es wäre herablassend, allen Leuten Bio zu predigen. Bio kann sich nicht jeder leisten. Abgesehen davon, würde es auch nicht funktionieren, dass sich die Menschheit von Bio ernährt – und auch nicht vegan. Ich halte nichts davon, Menschen als blöde Fleischfresser zu beschimpfen. Man muss auch verstehen, warum es für viele sehr wichtig ist, Fleisch essen zu können.
Warum?
Fleisch zu essen, ist auch ein Symbol dafür, an gesellschaftlichem Wohlstand teilzuhaben. Das muss man ernst nehmen.
Wie wird sich unsere Esskultur in zehn, 15 Jahren verändert haben?
Der Klimawandel wird das ökologische Bewusstsein verstärken. Der Trend wird langsam aber deutlich zu nachhaltigen Produkten gehen.
Welche Produkte werden vom Markt verschwinden?
Ich kann mir vorstellen, dass es in 20 Jahren keine Tiefkühlpizza mehr gibt.
Lesen Sie hier: Ernährungsreport 2020 - Faire Produktion und mehr Tierwohl
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August 26, 2020 at 01:14PM
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AZ-Interview - Psychologe über Ernährungs-Mythen: Zum Essen gehört immer eine Pause - Abendzeitung
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Fleisch
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